Sehr geehrter Herr
Ministerpräsident Woidke,
sehr geehrter Herr Minister Vogelsänger !
Ich spreche zu Ihnen als Mitglied der Bürgerinitiative
Kontraindustrieschwein Haßleben und heute vor -zigtausend Menschen,
die aus allen Himmelsrichtungen nach Berlin gekommen sind.
Seit 11 Jahren kämpfen wir nun schon gegen die drohende
Schweinefabrik in der Uckermark. Im Jahre 2013 wurde Haßleben in
Ihrer Verantwortung genehmigt, konnte aber gottseidank noch nicht in
Betrieb genommen werden, weil wir im Widerspruchsverfahren zu dieser
Genehmigung sind. In dieser ist eine tierquälerische Haltung
weiterhin zugelassen. Die schon geschädigte Natur darf weiter mit
Stickstoff verseucht werden. Geradezu grob fahrlässig ist, dass es
gar kein funktionierendes Brandschutzkonzept gibt: laut
Fachgutachten können die Tiere nicht gerettet werden. Die Feuerwehr
sagt, da schickt sie keinen rein.
Davon haben Sie sich überhaupt nicht beeindrucken lassen, auch nicht
von
47 000 Menschen, deren Unterschriften gegen Haßleben Ihnen
überreicht wurden, nicht von fast 35 000, die in einer
Volksinitiative die Abkehr von der Massentierhaltung in Brandenburg
fordern, und schon gar nicht von 800 000 Demonstranten, die von New
York bis Sidney auf die Straße gingen, um das Klima vor den Folgen
des wahnwitzigen Fleischkonsums zu retten. Schon wieder haben sich
hier -zigtausend Menschen versammelt. Alles nur Irrläufer ? Wie
verblendet müssen Sie sein, den weltweiten Widerstand gegen
Massentierhaltung als „Irrweg“ abzutun !
Und als ob all die verhöhnt werden sollten, die auch zu Tausenden in
ganz Brandenburg auf die Straße gehen, genehmigen Sie nun bald
wöchentlich eine Tierfabrik nach der andern: 67 000 Schweine in
Tornitz am Spreewald, 80 000 Legehennen am Unteren Uckersee, lassen
Naturschutzgebiete im Oderbruch wie auch in der Prignitz mit
Hühnerfabriken zupflastern und geben Ihre Regierungs-Parole aus:
Brandenburg braucht mehr Tierproduktion !
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Herr
Landwirtschaftsminister: wann endlich hören Sie auf die Bürger
anstatt auf die Lobbyisten der Agrarindustrie ? Wann begreifen auch
Sie, dass Tiere keine Ware sind und Äcker nicht dazu da, vergiftet
zu werden ?
In 100 Jahren wird man unsere Zeit vermutlich als finstere Epoche
bezeichnen, in der man Milchkühen ihre Kälber entrissen und sie zu
Hochleistungsmaschinen gemacht hat , alltäglich Millionen Küken
lebendig geschreddert wurden und neugeborene Ferkel an der Brüstung
totgeschlagen. Als man Wildtiere durch Gülle, Kunstdünger und
Vergiftung durch Pestizide ausrottete und die Honigbienen auch: ein
einziger Horror. Wie seltsam skrupellos müssen Politiker sein, um
sowas als Kollateralschaden ihres Wirtschaftsmodells
einzukalkulieren? Eines Wirtschaftsmodells, was Wasser, Luft und
Boden ruiniert, aus vielfältiger Vegetation Maismonokulturen macht
und schließlich alle kleinbäuerlichen Betriebe von der Landkarte
fegt: zu Diensten von multinationalen Konzernen, die aus Menschen
und Tieren Kapital pressen.
Kein Mensch kann doch die Sendungen noch aushalten, die alle paar
Tage zeigen, was sich zum Beispiel in den Hochsicherheitstrakten der
Tierfabriken für ein schier unerträgliches Elend abspielt. Erzählen
Sie uns nicht, das seien Ausnahmen: nein, dieses furchtbare
Verbrechen an wehrlosen Tieren ist leider Alltag. Sie werden nicht
sagen können, dass Sie das nicht gewusst haben.
Immer mehr werden auch die globalen Folgen sichtbar: es ist schlicht
verantwortungslos, dass Sie die alarmierenden Warnungen vor der
Klimakatastrophe einfach nicht zur Kenntnis nehmen, im Gegenteil:
dieses unselige System sogar noch ausbauen wollen und weiteren
Investoren das Recht geben, die Natur zu plündern, die unsere
Lebensgrundlage ist . Ich möchte einer solchen Zivilgesellschaft,
die aus Geldgier den Planeten verwüstet, nicht angehören, und alle,
die hier versammelt sind, wollen das auch nicht.
Bei Ihrer Regierung, das haben wir gemerkt, rennen wir gegen Beton.
Also wird uns nichts anderes übrig bleiben, als noch sehr viel
lauter und zorniger weiterzukämpfen, bevor die Agrarindustrie mit
ihren willigen Vollstreckern in Politik und Behörden unsere Wälder
vergiftet hat, bis kein Vogel mehr singt. Bis die Menschen von
harmlosen Infektionen dahingerafft werden, weil die Natur
zurückschlägt mit nicht mehr beherrschbaren Keimen. Denn alles, was
der Mensch den Tieren antut, das tut er auch sich selbst an.
Herr Ministerpräsident Woidke, ich appelliere an Sie: lesen Sie die
Berichte, sehen Sie fern, bemühen Sie sich um Erkenntnis und kehren
Sie um von Ihrem verhängnisvollen Kurs, denn er ist so töricht wie
gefährlich ! Herr Minister Vogelsänger, Sie bitte ich von Herzen:
treten Sie zurück von dem Ressort Landwirtschaft und Umwelt - aus
Respekt vor der Umwelt und ihren Geschöpfen ! Von Ihnen hört man
nichts als Phrasen, die in ihrer konstanten Wiederholung offenbaren,
dass Sie davon nichts verstehen und auch nicht verstehen wollen. Auf
dieser Position brauchen wir aber Leute, die das Ruder rumreißen,
weil sie erkannt haben, dass ökologisches Handeln schlicht die
Bedingung ist, wenn wir noch eine Zukunft haben wollen.
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