free the pigs – Festival 2006

Politische, poetische, philosophische,
den Tieren gewidmete Fragmente

Eine Veranstaltungsreihe in der
St. Thomas Kirche Berlin Kreuzberg und im Magdeburger Dom

SOS Uckermark/Brandenburg, Mahlwinkel und Allstedt/Sachsen Anhalt

Das free the pigs – Festival ist Kulturkampf gegen die industrielle Tierproduktion. Und es geht um Öffentlichkeitsarbeit für Alternativen zur Ausbeutung von Tieren und Umwelt in Hassleben, in Mahlwinkel und in Allstedt. Es geht um den aktiven Widerstand gegen die holländischen Profiteure und ihre Unterstützung durch die deutsche Bürokratie und Politik.
Wenn der Staat schweigt, dann ist es an uns Künstlern, zu reden.

Mit der Reihe free the pigs in der St. Thomas Kirche in Berlin und im Magdeburger Dom beabsichtigen wir, die Beziehung von Mensch und Tier zu thematisieren, wie wir es schon durch eine Reihe kultureller Ereignisse - die Uckermärker Vespern - im vergangenen Sommer in verschiedenen Kirchen der Region Uckermark getan haben.

free the pigs in St. Thomas und im Dom zu Magdeburg wendet sich sowohl an die ländliche Bevölkerung als auch an die Stadtbewohner, um einen Stadt-Land-Dialog zum Aufbau einer ethisch-ökologischen Agrar- und Ernährungskultur zu fördern.

Es handelt sich bei free the pigs um die Würdigung der Tiere in:

  1. Literarischen Beiträgen zur Beziehung Mensch-Tier, die als Lesung durch Schauspieler vorgetragen werden.
     

  2. Musikalischen Beiträgen, instrumental und vokal.
     

  3. Ansprachen, in der auf die ethischen, christlichen Aspekte unserer Beziehung zu den Tieren hingewiesen wird.
     

Die explosive Zunahme der modernen industriellen Tierproduktion bildet den aktuellen Hintergrund der geplanten künstlerischen Vorstellungen.

Ausgangspunkt für free the pigs ist die sich in beklemmendem Umfang ausbreitende Form der industriellen Tierproduktion. Diese Entwicklung basiert auf den Strukturen der ökonomischen Globalisierung und des extremen Preiskampfes bei der Produktion tierischer Proteine. In immer erschreckenderem Umfang werden Tiere millionenfach in der industriellen Tierproduktion zu Billigprodukten unserer Überflussgesellschaft. Das massenhafte Leiden der Geschöpfe tritt dabei bislang kaum ins öffentliche Bewusstsein, weil Haltung, Transport und Schlachtung abgeschirmt von der Öffentlichkeit geschieht. Das Gegenmodell zur globalisierten Wirtschaft bildet die gleichzeitig und parallel laufende Entwicklung von lokalen, regionalen Netzwerken. Dieses Gegenmodell basiert auf den Leitbildern einer ökologischen Agrar- und Ernährungskultur. In solchen regionalen Netzwerken bilden sich bäuerliche Erzeugergemeinschaften, die agrarische Produkte und Qualitätsfleisch sowohl hervorbringen als auch vertreiben und die langfristig und ökonomisch Erwerbsplätze schaffen.

Diese Entfaltung kleinteiliger, unterschiedlicher Regionen erweckt Hoffnung als Gegenkraft zur obengenannten Entwicklung der industriellen Tierproduktion. Es wird in Zukunft darum gehen, dass ethische Grundsätze, die bei der Erzeugung ländlicher Produkte und in der Tierhaltung eine Rolle spielen, verstärkt öffentlich eingefordert werden.

Metropole und ländliche Regionen sitzen in einem Boot. Das Zusammenwirken von städtischer und ländlicher Gesellschaft gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die Lebensvorstellungen der Städter, das allgemeine Konsum- und Ernährungsverhalten und die Produktionsweisen auf dem Lande bedingen sich gegenseitig. Eine differenzierte und vielseitige, sich verfeinernde Produktion in der Region ist auf die Nachfrage der städtischen Gesellschaft angewiesen. Die Verflechtung Berlins mit seinem Umland ist nach den Jahrzehnten der Teilung erst wieder neu im Entstehen und bietet die Chancen für die Entwicklung eines regionalen Austausches.

Industrielle Tierproduktion ist nicht mit den ethischen Vorstellungen einer kulturell christlich geprägten, europäischen Gesellschaft vereinbar. Sie verletzt nicht nur die Tiere in ihrer Würde, sondern am Ende die Würde von uns Menschen. Diese Auffassung wird von immer mehr Journalisten, Schriftstellern, Gesellschaftstheoretikern, Theologen und Philosophen immer wieder vorgetragen. Es gibt in der Region um Berlin so wie in ganz Deutschland eine große Zahl von ökologisch erfolgreich wirtschaftenden Landwirten und Erzeugergemeinschaften, die im Hinblick auf das Konzept der Nachhaltigkeit als vorbildlich gelten können.

Von den Vertretern der industriellen Tierproduktion wird ständig darauf hingewiesen, dass die Verbraucher, der Grossteil der ländlichen und städtischen Gesellschaft, so billig wie möglich tierische Produkte in den Supermarktketten einkaufen wollen. Solange hier keine Umorientierung bei den Konsumenten erfolge sei die industrielle Tierproduktion die einzig rentable Möglichkeit, zu wirtschaften. Obwohl es eine Reihe von Organisationen und Verbänden gibt, die Überzeugungsarbeit leisten, ist eine Veränderung im Konsumverhalten der Massen gegenwärtig noch nicht erreicht.

Die St. Thomaskirche in Berlin Kreuzberg war im Widerstand bei den Anfängen der Hausbesetzungen und der so genannten Stadterneuerung ein Ort von Bedeutung. Bethanien als benachbarter kultureller Ort am Mariannenplatz neben der Kirche entstand im Anschluss an die Besetzungen des Georg-von-Rauch-Hauses. Da es uns heute in vergleichbarer Form um Protest und Alternativen geht, ist die St. Thomaskirche in ihrem Symbolgehalt für die Reihe free the pigs geeignet. Die Kirche war Zentrum im Widerstand gegen die Stadtzerstörung und für Stadterneuerung in kleinen Schritten. Nun wird sie zum Ort des Kulturkampfes für einen ethisch verantwortlichen Umgang mit Tieren.

free the pigs wird künstlerisch begleitet von einer Ausstellung und Performance „Das Schwein – Der Mensch“. Außerdem wird an einem Bücherstand einschlägige Literatur zum Thema angeboten. Ebenso wird sich bei jeder Veranstaltung ein Betrieb aus einer Brandenburger Region mit ökologischen landwirtschaftlichen Erzeugnissen präsentieren.

Zu free the pigs gibt es jeweils eine eröffnende Grundsatzrede – sei es durch einen Philosophen, Theologen oder Gesellschaftstheoretiker. Im Ablauf der Veranstaltung wechseln Textfragmente, die von Schauspielern gesprochen oder gesungen werden, und musikalischen Interpretationen.

free the pigs besteht aus 7 Veranstaltungen. Im Zentrum dieser Reihe stehen Texte der Vordenker und Autoren Franz Alt, Felix Ekardt, Thom Hartmann, Vittorio Hösle, Hans Jonas, Charles Patterson und Peter Sloterdijk.

Die Reihe beginnt am 26. Februar 2006 in Berlin und endet am 14. Mai 2006 im Dom zu Magdeburg jeweils sonntags um 18 Uhr.