Stellungnahme zum Entwurf der
Düngeverordnung – BI Haßleben
(Text als pdf)
Wir kämpfen in Haßleben seit 11 Jahren gegen die Reaktivierung einer
Mega-Schweinemastanlage aus DDR-Zeiten. Früher standen dort über 140
000 Schweine, was katastrophale Auswirkungen auf die Umgebung hatte.
Die Böden waren mit Unmengen von Gülle hochgradig verseucht. Damals
kippten Seen um, Fische starben, die Bäume in Haßleben verloren ihr
Laub, die Menschen husteten und erkrankten. In den Jahren nach der
Wende hat man mit Steuergeldern die Seen mühsam wieder renaturiert.
Die Altlasten aus dieser massiven Überdüngung liegen aber immer noch
im Boden, der Stickstoff mehrere Meter tief.
Und nun wollte ein holländischer Investor in den alten Ställen den
gleichen Unsinn mit 84 000 Schweinen wieder anfangen. Wegen der von
uns nachgewiesenen Umweltgefährdung hat er sein Vorhaben auf 37 000
Tiere reduzieren müssen und 2013 dafür eine Genehmigung erhalten. Er
darf aber noch nicht bauen, weil wir Widerspruch eingelegt haben.
Zur Not werden wir auch klagen und wir sind zuversichtlich, die
Anlage endgültig zu verhindern.
Unsere Argumente beziehen sich auf Tierquälerei, Brandschutz und
verschiedene Umweltaspekte. Ein wesentlicher Punkt ist dabei, dass
von so einer Anlage eine übermäßige und teilweise unkontrollierbare
Überdüngung der Umgebung mit Stickstoff ausgeht. Dies geschieht
einerseits über die Abluft und betrifft je nach Windrichtung nicht
nur Felder, sondern auch Wälder und Moore, die absolut nichts mehr
vertragen. Andererseits müssen jährlich zigtausend Tonnen Gülle
verklappt werden. Die Äcker sind aber noch immer voll davon. Es ist
unverantwortlich, dass das weder im BImSchG noch in der
Düngeverordnung berücksichtigt wird und man so tut, als sei das ein
gesunder Boden, indem man die Vorbelastung unterschlägt. Weil man
nicht begriffen hat, dass der Boden ein lebendiger Organismus ist,
mit dem man pfleglich umgehen muss. Alles, was in ihm lebt, wird
durch die agrarindustrielle Bewirtschaftung getötet: Würmer, Asseln,
Bakterien, Pilze, alle Bodenlebewesen. Was da drauf kommt, könnte
man schlicht als Giftmüllverklappung bezeichnen. Es ist kein
Stallmist – von Tieren, die anständig auf Stroh gehalten werden und
wo sich viele feste Teile drin befinden, die ihn durchlüften,
sondern es handelt sich um die konzentrierten, anaeroben Fäkalien
voller Antibiotika, wodurch z.B. die Bakterien gekillt und an der
notwendigen Zersetzungsarbeit gehindert werden. Stattdessen redet
man von Nährstoffbilanzen und tut so, als seien Quadratkilometer von
lebendigen Lebensgemeinschaften so etwas wie die sterile Watte in
den kleinen Kresse-Kästchen aus dem Supermarkt. Eine Verseuchung des
Grundwassers wie bereits in Niedersachsen und Teilen Thüringens ist
abzusehen.
Gegen diese Erkenntnis setzen die großen Agrarkonzerne Himmel und
Hölle in Bewegung, es möge bloß niemand auf die Idee kommen, sich
von ihrer Produktpalette zu verabschieden, denn das würde
millionenfachen Hungertod bedeuten. Ausgerechnet jene wollen uns das
einreden, die auf ihren Äckern bis zu 70% Spritpflanzen produzieren
...
Zu unserem Zusammenschluss in Bündnissen:
Wir fordern also eine Abkehr von diesem kranken System, weswegen wir
alle, die dies erkannt haben, uns im AABB zusammengetan haben, und
das sind sehr viele BIs und Verbände. Wie z.B. die BI Schweinewind,
die sich dagegen wehrt, dass in Tornitz am Spreewald Firma Bolart
einen Betrieb erweitern will auf 67 000 Schweine. Es gibt auch von
dort Filmaufnahmen, die einem die Tränen in die Augen treiben, weil
Tiere brutalst misshandelt werden. Und das ist nicht etwa die
Ausnahme, wie Behörden und Politiker immer wieder behaupten, sondern
allseits die Regel. Hinzu kommen die Emissionen, die idiotische
Abholzung des Waldes drumherum und die Verklappung der anfallenden
Gülle, wogegen dich die Leute wehren. Wer gibt solchen Firmen das
Recht, den Lebensraum der Anwohner zu zerstören – wie in der
Uckermark, der Prignitz und am Oderbruch auch?
Bei aller Verschiedenartigkeit im Netzwerk AABB eint uns der
Gedanke, dass wir uns nicht von kurzfristigem Gewinnstreben und
bornierten Politikern die Welt, in der wir leben, vergiften und
verseuchen lassen wollen. Es geht um die Zukunft unserer Kinder.
Daher akzeptieren wir auch diese neue Düngeverordnung nicht, weil
alles beim Alten bleibt mit nur oberflächlichem Faceliftung, was für
einen besseren Eindruck sorgen soll. Das System selbst bleibt
unverändert, z.B. Tiere wie Massenware zu behandeln und die Äcker
auszubeuten mit Energiepflanzen, was die Natur mit ihren Lebewesen
zugrunde richtet.
Es gibt nur eine einzige Art, verantwortungsvoll mit dem Boden
umzugehen, und das weiß eigentlich doch jeder, der noch bei Sinnen
ist und der nicht nur Dollarnoten im Auge hat, und die kann nur
ökologisch sein. Alles andere ist töricht: wir zerstören sonst
unsere eigenen Lebensgrundlagen.
Sybilla Keitel
BI Kontraindustrieschwein
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