Tierethik |
Eine kleine Abschrift aus einem Vortrag von
Richard David Precht ( " Die Seele der Tiere"). |
(...) Denn noch immer begegnet in der öffentlichen Diskussion um eine
ethisch angemessene Behandlungsweise der Tiere der Vorwurf, Tierschützer
und Tierrechtler führten emotionale Argumente ins Feld, ganz im
Gegensatz etwa zu den rationalen und rationellen Ansichten der
Tiernutzer. In Wirklichkeit zeigt sich die Rationalität des sogenannten gesunden Menschenverstandes im alltäglichen Umgang mit Tieren in der Gesellschaft so konfus, mythisch und emotional, dass eine logische Überprüfung kaum weiß, wo sie beginnen soll (...) Man verdinglicht das Tier zum reinen Produktionsmittel, züchtet Überlebensmaschinen und Fleischlieferanten und schreibt ins Bürgerliche Gesetzbuch der Bundesrepublik, Tiere nicht als "Sachen" zu werten. Man verzärtelt das eigene Kaninchen und verspeist genüsslich das Kaninchen aus der Metzgerei. Man subventioniert die barbarische Tötungsmaschinerie, die 25 Millionen Schweine, 45 Millionen Stück Mastgeflügel und 16 Millionen Rinder in Stehsärge und Batterien zwängt; gleichzeitig appellieren deutsche Landwirtschaftsminister und Bauernpräsidenten an die Vernunft des Verbrauchers, ausschließlich Qualitätsprodukte aus gesunder Landwirtschaft zu kaufen. Man erforscht mit Liebe und Mühe die Intelligenz von Affen und erkennt, wie verblüffend ähnlich sie uns sind: gleichzeitig meißelt man ihnen die Schädel auf, verstümmelt ihre Körper, vergiftet Seele und Leib und quält sie mit Elektroschocks. Man definiert das Tier im Tierschutzgesetz als "Mitgeschöpf" und erlaubt jedermann, ihm aus " vernünftigen" Gründen Schaden zuzufügen. Man züchtet aus Tierliebe Wellensittich und Kanarienvogel und streut aus Ekel Taubengift; man schließt sich als Vogelfreund Jägerappellen an, um Elster, Eichelhäher und ähnliches "Raubzeug" abknallen zu lassen; man verurteilt im Einklang aller gutwilligen Artenschützer die Ausrottung der gefleckten Großkatzen und steigt stattdessen auf Kaninchen, Chinchilla und Nerz um; man rottet alle potentiell gefährlichen Tiere in nächster Umgebung aus und erfreut sich an Riesenhaien und Killerkrokodilen im Horrorfilm; man findet Hamster schrecklich niedlich und zwängt sie zum Lohn lebenslang in enge Drahtkäfige; man verkauft abgeschlachtete Schweine und illustriert sie mit lustigen kleinen Ferkeln, die zynisch Hand in Hand zum Metzger spazieren. Keine Hähnchenverpackung und kein Batterie-Ei wirbt mit KZ-Hühnern, sondern bemüht den stolzen Hahn auf dem Mist. Wenn das nicht nach schlechtem Gewissen stinkt. (...) |