Smithfield und seine Wegbereiter

- Gegen die Agrarindustrialisierung der Schweineerzeugung -

 

Der Smithfield-Konzern dominiert in den USA mit seinen 800.000 Sauen den Schweinesektor, gefolgt von Premium Standard Farms mit 225.000 und von Seabord Farms mit 213.000 Sauen.

Hunderttausende unabhängiger bäuerlicher Schweinehalter hat man in den letzten 20 Jahren aus dem Markt gedrängt.
Viele andere wurden im Rahmen der „vertikalen Integration“ zu abhängigen Lohnmästern für die Schlachthäuser von Smithfield oder Tyson Food.
In Virginia soll Smithfield bereits 95% aller Schweine (und deren Preise) kontrollieren.

Die Konzentration schreitet rasant weiter voran, als Mindestgröße bei Firmen-Zukäufen gelten 10.000 Sauen. Smithfield hat im letzten Preistal die Konkurrenten Murphy Family Farms, Caroll´s Foods, Farmland Pork und Alliance Farm geschluckt. Smithfield expandiert nach Mexiko und Brasilien und kommt nach Übernahme von Fleischfirmen in Frankreich, Großbritannien, Spanien und Polen auf etwa 1,3 Milliarden Umsatz in Europa. In Polen hält Smithfield bereits 33.000 Sauen, will jährlich um 10.000 wachsen und plant angeblich die Produktion von jährlich 1,5 Millionen Mastschweinen. In Rumänien will Smithfield demnächst 90.000 Sauen einstallen...

Potentielle Übernahmekandidaten findet Smithfield auch hierzulande: Bekannt wurde wegen der Schweinepest-Keulung von 100.000 Schweinen die DDR-Altanlage im mecklenburgischen Losten, seit der Wende im Besitz der Dinklager Agrarunternehmer-Gruppe Wulfa-Mast. Waren die westdeutschen Agrarindustriellen zuvor an die Grenzen knapper Gülle-Flächen, regionalen Seuchendrucks und von Umweltbelastungen in Südoldenburg gestoßen, so eröffnete sich ihnen nach 1989 ein neues Feld im Osten, das der Agrarindustrie-Wahn der DDR-Oberen ihnen bereitet hatte: mit den vielen Agrarfabriken des „Kombinats industrielle Mast“ und vielen „industriemäßigen Anlagen“ in den „Tier-LPGen“.

Viele dieser „Altanlagen“ übernahmen frühere Leitungskader, einen zunehmenden Teil westdeutsche und niederländische Agrarindustrielle, massiv unterstützt von ostdeutschen Landesregierungen. Dr. Rehhahn, bis zu einer Förder-Affäre sachsen-anhaltinischer Agrarminister, bereitet ihnen direkt als Unternehmensberater den Weg: In der Altanlage Hassleben (bei Templin) will der niederländische Investor van Gennip bis zu 85.000 Tiere mästen, weitere in Mahlwinkel (Altmark) - zusätzlich zu den 65.000 Tieren in Sandbeiendorf und weiteren Agrarfabriken, gerüchteweise auch in Weißrussland und der Ukraine.

Rehhahn dient auch der Firma „Biopark Saubach GbR“: Die Gebrüder Jos und Sjaak Nooren planen in Allstedt (Merseburg) eine Anlage mit 7.500 Sauen-, 27.000 Ferkel-, 1.200 Zuchtläufer- und 61.000 Mastschweineplätzen. Ähnliche Vorhaben gibt es in der Nähe im „Ökologischen Agrar- und Biopark“ und in Zerbst-Straguth (3000 Sauen, 15.000 Mastplätze). In Sietzsch kämpfen Bürgerinitiativen gegen eine 16.000er-Mastanlage (der SAZA Großkayna?) und deren Geruchs-, Umwelt- und Verkehrsbelastungen, Haltungsbedingungen und Auswirkungen auf den Tourismus und örtliche Agrarbetriebe.

Der Pelapro-Konzern des niederländischen Unternehmers Mari van Genugten umfasst bereits etliche Zehntausende von Zuchtsauen, Zuchtläufern und einer Jahresproduktion von 100.000 Mastschweinen – im brandenburgischen Zollchow, in Peckfitz (Altmark), im sächsischen Wellaune und Spröda/Wannewitz. Die Pelapro-Mastanlage in Neumark bei Weimar ging vorletztes Jahr in Konkurs. Pelapro-Chef van Genugten will nun im mecklenburgischen Medow (bei Anklam) eine Zucht- und Mastanlage mit 15.000 Tieren betreiben, die zuvor der Holländer Christianus van Sleuwen übernehmen wollte, bevor er an Umwelt-Skandalen und Konkurs in den Niederlanden sowie am örtlichen Widerstand des BUND scheiterte.

In Mecklenburg-Vorpommern meldeten sich Investoren für 18 ausgeschriebene Schweineanlagen-Standorte, darunter Paul Schockemöhle, schon maßgeblich beteiligt am größten deutschen Käfigei-Konzern „Deutsche Frühstücksei“ und an großen Mastgeflügel-Fabriken. Wegen des massiven Widerstands wurde bisher erst die Anlage in Klein-Laasch genehmigt. Hans-Gerd Behrens, Geschäftsführer der Ammerländer Viehzentrale in der Anlage Pinnow (2300 Sauen- und 6.000 Aufzuchtplätze) will in Ex-Schockemöhle-Ställen in Fahrbinde 3000 Sauen halten. BUND-Klagen laufen noch gegen die Projekte anderer Agrarindustrieller in Wendisch Priborn (14.000 Tiere) und Penkun (10.000) und die 3000er-Sauenanlage in Groß-Genz.

Weitere Beispiele: Agrarfabrikant van Asten mit 60.000 Schweinen im thüringischen Nordhausen sucht weitere Objekte. Die Anlagen des Fleischfabrikanten Löblein für 7.000 Sauen und 15.000 Mastschweine im thüringischen Thiemendorf wurden nach Konkurs an die dänischen Unternehmer-Brüder Kirketerp verkauft. Die Familie Böckermann betreibt Anlagen an mindestens vier ostdeutschen Standorten, die Firma Hopman GmbH zwei Schweinemastanlagen für 21.000 Tiere in Wanzlitz/Kolbow, die Köcher und Meuser KG mehrere Mastanlagen bei Klein Wanzleben, die Kronseder-Gruppe Mast- und Zuchtanlagen an drei Standorten in Mecklenburg. In Groß Pankow (Prignitz) stehen mehrere Anlagen der GbR Hölscher, Leuschner und Quittmann. Einen GmbH-Verbund bilden die Anlagen in St. Michaelis, Langenau und Burkersdorf mit 2000 Sauen- und 12.000 Mastplätzen. Im brandenburgischen Nuthetal-Urstromtal gruppieren sich um die Anlage der Brüder van Dijck vier weitere Anlagen. Die Suimax Greiz-Gommla bzw. ihre Uthlebener Qualitätsschweine GmbHCo.KG hält bei Nordhausen 3.500 Sauen und erzeugt jährlich 70.000 Mastschweine. Die BLF im mecklenburgischen Bernitt/Viezen präsentierte jüngst ihre 1.200 Sauen- und 15.000 Mastplätze dem „beeindruckten“ Staatssekretär Thalheim. Die SAZA-GmbH in Großkayna kommt auf 6.500 Sauen-, 24.000 Aufzucht- und 27.000 Mastplätze. Die Einer Schweinezucht GmbH baut - unter Beteiligung der GS-agri-Genossenschaft - in Goldenstedt/Südoldenburg fünf 2000er-Sauenanlagen auf – gegen den Protest von Bauern, deren eigene Erweiterungspläne dadurch verhindert werden.

Die Standorte von 200 weiteren Schweine-Agrarfabriken kann man aus einer Karte des Schadstoff-Emissionskatasters der EU unter www.eper.de ersehen.

In den USA findet Smithfield angesichts massiver Proteste, wegen Umweltskandalen und Anwohnerbelästigung kaum noch Standorte für Stallanlagen. Auch in Polen gibt es massive Stimmung gegen den das Vordringen des Schweine-Multis. Es wird Zeit, auch hierzulande aktiver zu werden: durch Koordinierung der Widerstände vor Ort, durch Klagen, durch Einkaufsverhalten zugunsten eindeutig artgerechter und bäuerlicher Haltung und durch ein Bauordnungsrecht mit Privilegierung für Bauernhöfe mit echter Flächenbindung und eigener Futtergrundlage. Wie sagten Schröder und Künast doch ehemals so schön: „Weg von den Agrarfabriken“.


Eckehard Niemann,
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)
Varendorfer Str. 24, 29553 Bienenbüttel

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